Gemeindefinanzen 2023

Jährlich erhebt der Kanton Bern statistische Daten zur finanziellen Situation der Gemeinden, die das Amt für Gemeinden und Raumordnung (AGR) analysiert und kommentiert. Zwei Drittel der Gemeinden schliesst ihren Gesamthaushalt im 2023 erneut mit einem Ertragsüberschuss ab. Das Gesamtergebnis erreicht durchschnittlich 211 Franken pro Einwohner/-in, ein Anstieg um 51 Franken gegenüber dem Vorjahr. Der Bilanzüberschuss steigt um 134 Millionen Franken oder 8,9 Prozent. Die Gemeinde Moutier konnte ihren Bilanzfehlbetrag komplett abtragen.

Rechnungsergebnis nach Verwaltungskreis

Im Jahr 2023 verzeichnen 221 der 337 Gemeinden ein positives Rechnungsergebnis im Gesamthaushalt (im Vorjahr waren es noch 244 Gemeinden). Die verbleibenden 116 Gemeinden schliessen mit Defiziten ab. Die Gesamtsumme aller Abschlüsse der Erfolgsrechnungen steigt auf einen Ertragsüberschuss von 223 Millionen Franken, was im Durchschnitt einem Ergebnis von 211 Franken pro Einwohner/in entspricht. Der gestufte Erfolgsausweis zeigt, dass das Ergebnis aus betrieblicher Tätigkeit zurückgeht und mit -22,1 Franken pro Einwohner/in im Minus liegt. Zwar steigen die Fiskalerträge um 131 Millionen Franken gegenüber dem Vorjahr wie auch die Entgelte und Entnahmen aus Spezialfinanzierungen steigen, doch diese Mehrerträge werden von höheren Personal-, Sach- und Betriebsaufwendungen aufgezehrt. Das positive Gesamtergebnis wird vor allem durch höhere Finanzerträge erzielt. Trotz einer höheren Zinsbelastung verbessert sich das Finanzierungsergebnis im Jahr 2023. Durch wenige, aber gewichtige Wertberichtigungen des Finanzvermögens steigt das durchschnittliche Ergebnis aus Finanzierung besonders stark und beträgt 346 Franken pro Einwohner/in. Diese Wertberichtigungen wurden ordentlich verbucht, jedoch ausserordentlich ins Eigenkapital eingelegt, was zu einem negativen ausserordentlichen Ergebnis von -112 Franken pro Einwohner/in führt.

Ertragsüberschuss (CHF/EW)

Der Eigenkapitalanteil der Berner Gemeinden steigt von 47 % im Vorjahr auf 47,2 %, wie aus den Bilanzen hervorgeht. Der Bilanzüberschuss wächst um 134 Millionen Franken, beziehungsweise 8,9 %, und beträgt nun 1 547 Franken pro Einwohner/in. Die Neubewertungsreserven hingegen werden um 149 Millionen Franken abgebaut. Im Gegensatz dazu steigen die Spezialfinanzierungen mit Vorfinanzierungscharakter um 233 Millionen Franken. Die Reserven werden um 80 Millionen Franken erhöht. Alle Gemeinden weisen frei verfügbares Eigenkapital in Form von Bilanzüberschuss aus, und auch die Gemeinde Moutier konnte ihren Bilanzfehlbetrag dank einem Ertragsüberschuss von 2 262 239 Franken vollständig abtragen.

Bilanzüberschuss (CHF/EW)

In den Gemeinden des Kantons Bern wird wieder vermehrt investiert. Die Nettoinvestitionen steigen um 113 Millionen Franken oder 17,6 % auf insgesamt 752 Millionen Franken, was im Durchschnitt 714 Franken pro Einwohner/in entspricht. Der Median des Investitionsanteils erhöht sich auf 11,2 % und liegt damit knapp im Bereich einer mittleren Investitionstätigkeit. Die Nettoinvestitionen werden im Verwaltungsvermögen aktiviert, das um 399 Millionen Franken respektive 6,8 % wächst – nach Abschreibungen und Wertberichtigungen von insgesamt 367 Millionen Franken.

Nettoinvestitionen (CHF/EW)

Über alle Gemeinden hinweg beträgt das Gesamtvolumen der Selbstfinanzierung 776 Millionen Franken, was einem Anstieg von 159 Millionen Franken oder 25,7 % entspricht. Der Grossteil dieses Zuwachses ist jedoch auf Wertberichtigungen der Anlagen des Finanzvermögens der Städte Bern und Biel zurückzuführen. Bereinigt um diese Sondereffekte beläuft sich der Anstieg der Selbstfinanzierung auf 44 Millionen Franken oder 7,1 %. Im Durchschnitt beträgt die Selbstfinanzierung 736 Franken pro Einwohner/in (Vorjahr 589 Franken), wobei der bereinigte Wert bei 628 Franken pro Einwohner/in läge. Es resultiert ein Finanzierungsüberschuss von 22,6 Franken pro Einwohner/in (Vorjahr -21,1 Franken).

+25.7 %
736.4 CHF/EW

Selbstfinanzierung

Die Durchschnittswerte (Median) der harmonisierten Finanzkennzahlen entwickeln sich grösstenteils positiv. Ausnahmen bilden der Bruttoverschuldungsanteil, der Nettoverschuldungsquotient und der Zinsbelastungsanteil, da wie erwartet die Zinsbelastung durch den Anstieg der Leitzinsen zunimmt.

Ein Vergleich der Kennzahlen innerhalb der Verwaltungskreise lässt diverse regionale Unterschiede erkennen und im interkantonalen Vergleich wird ersichtlich, dass die Gemeinden im Kanton Bern höchstens mittelmässig rangieren.

103.2 %

Selbstfinanzierungsgrad

Im Jahr 2023 erhalten wieder mehr Gemeinden Leistungen aus dem Finanzausgleich als im Vorjahr und der mittlere Nettozufluss steigt von 13,8 % auf 14,1 %. Der insgesamt im Rahmen des Finanzausgleichs sowie der Massnahmen für besonders belastete Gemeinden ausgezahlte Betrag wächst von 289 auf 298 Millionen Franken.

14.1 %

Nettozufluss Finanzausgleich

Die finanziellen Aussichten der Gemeinden im Kanton Bern sind insgesamt positiv. Die solide finanzielle Basis bietet gute Voraussetzungen für künftige Investitionen. Der Fachkräftemangel und die unsichere politische und wirtschaftliche Lage stellen jedoch Belastungen dar, die die Leistungsfähigkeit der Verwaltung einschränken könnten. Steigende Anforderungen, unter anderem durch die Digitalisierung, setzen die Gemeinden unter Druck. Dennoch bieten diese Herausforderungen auch Chancen zur Effizienzsteigerung und Innovation. Die Zusammenarbeit zwischen Gemeinden, Kanton und anderen Akteuren schafft gute Voraussetzungen, um neue Lösungen zu entwickeln. Entscheidend wird sein, dass die Gemeinden ihre Handlungsfähigkeit bewahren und auf Anpassungsfähigkeit setzen, um den wachsenden Erwartungen der Bevölkerung gerecht zu werden.

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