Gemeindefinanzen 2021

Der Kanton Bern erhebt jedes Jahr statistische Daten zur Finanzlage der Gemeinden, welche das Amt für Gemeinden und Raumordnung (AGR) analysiert und kommentiert. Damit wird das Datenmaterial der Gemeinden transparent und vergleichbar. Im 2021 schliesst die Mehrheit der Gemeinden ihre Jahresrechnung im Gesamthaushalt mit einem Ertragsüberschuss ab. Das Gesamtergebnis beträgt durchschnittlich 133 Franken je Einwohner und Einwohnerin und liegt damit unter dem Vorjahresergebnis von 153 Franken je Einwohner/-in. Einmalig werden Bestände der Neubewertungsreserven in die Schwankungsreserven eingelegt und die ersten Tranchen der verbleibenden Neubewertungsreserven im Umfang von 124 Millionen Franken aufgelöst. Der Bilanzüberschuss steigt um 63 Millionen Franken oder 4,7 Prozent. Doch nicht alle Gemeinden entwickeln sich positiv: Eine zweite Gemeinde im Kanton weist per Ende 2021 einen Bilanzfehlbetrag aus.

Rechnungsergebnis nach Verwaltungskreis

247 der 339 Gemeinden weisen im 2021 ein positives Rechnungsergebnis im Gesamthaushalt aus (Vorjahr 252). Die anderen 92 Gemeinden schreiben rote Zahlen. Die Summe aller Abschlüsse der Erfolgsrechnungen ergibt einen Ertragsüberschuss von 139 Millionen Franken. Das entspricht im Durchschnitt einem Ergebnis von 133 Franken je Einwohnerin bzw. Einwohner. Der gestufte Erfolgsausweis zeigt, dass dieses positive Ergebnis nur auf Ebene Finanzierung zustande kommt. Das Ergebnis aus betrieblicher Tätigkeit verschlechtert sich gegenüber dem Vorjahr, der Fiskalertrag sinkt um 25 Millionen Franken. Insbesondere in den Tourismusregionen zeigen sich hier die negativen Auswirkungen der Corona-Pandemie. Hingegen erfährt das Ergebnis aus Finanzierung im 2021, dem letzten Tiefzinsjahr vor dem Anstieg der Leitzinsen, noch eine Hausse (229 gegenüber 213 Franken je Einwohner/-in im Vorjahr).

Ertragsüberschuss (CHF/EW)

Der Eigenkapitalanteil der Berner Gemeinden steigt von 45,9 % im Vorjahr auf 46,5 % im 2021, wie aus den Bilanzen hervorgeht. Der Bilanzüberschuss wächst insgesamt um 62,7 Millionen oder 4,7 % und beträgt per Ende Jahr 1399 Millionen Franken, was 1342 Franken je Einwohner/-in entspricht. Erstmals werden Neubewertungsreserven im Umfang von 124 Millionen Franken aufgelöst, wodurch der Bestand der Neubewertungsreserve abnimmt. Zudem legen die Gemeinden im 2021 einmalig 112 Millionen Franken in die Schwankungsreserven ein, was jedoch einer Umschichtung innerhalb der Sachgruppe Neubewertungsreserven gleichkommt. Die Spezialfinanzierungen mit Vorfinanzierungscharakter legen um satte 234 Millionen Franken zu. Per Ende 2021 weisen 2 Gemeinden (Vorjahr 1) einen Bilanzfehlbetrag aus. Beide Bilanzfehlbeträge zusammen belaufen sich auf 3,2 Millionen Franken.

Bilanzüberschuss (CHF/EW)

Im 2021 wird netto etwas weniger investiert als im 2020 (minus 31 Millionen Franken oder 4,7 %), im Vorjahr fielen die Nettoinvestitionen vergleichsweise hoch aus. Die Nettoinvestitionen summieren sich im 2021 auf 630 Millionen Franken, und betragen durchschnittlich 604 Franken je Einwohner und Einwohnerin. Sie werden im Verwaltungsvermögen aktiviert, das seinerseits um insgesamt 309 Millionen Franken oder 5,9 % zunimmt. Die Abschreibungen und Wertberichtigungen des Verwaltungsvermögens belaufen sich auf 321 Millionen Franken.

Nettoinvestitionen (CHF/EW)

Die Selbstfinanzierung in Franken liegt mit insgesamt 580 Millionen Franken beinahe auf Vorjahresniveau. Durchschnittlich beträgt sie 556 Franken je Einwohner/-in (Vorjahr 561). Da die Selbstfinanzierung weiterhin kleiner ist als die Nettoinvestitionen, resultiert ein Finanzierungsfehlbetrag von 47 Franken je Einwohner und Einwohnerin (Vorjahr 76 Franken je Einwohner/-in).

-0.8 %
556.4 CHF/EW

Selbstfinanzierung

Die Durchschnittswerte (Median) der harmonisierten Finanzkennzahlen weisen weiterhin relativ gute Werte aus. Im 2021 entwickeln sich die Kennzahlen in Bezug auf das Eigenkapital positiv, doch viele Indikatoren verschlechtern sich gegenüber dem Vorjahr, wie beispielsweise die Nettoschuld oder der Zinsbelastungsanteil. Bei fast gleichbleibender Selbstfinanzierung verbessert sich zwar der Selbstfinanzierungsgrad, weil die Nettoinvestitionen sinken, aber der Selbstfinanzierungsanteil verschlechtert sich aufgrund des besonders hohen Laufenden Ertrags. Letzterer nimmt deutlich zu aufgrund der hohen Entnahmen aus den Neubewertungsreserven. Ein Sondereffekt, der auch den Bruttoverschuldungsanteil und Kapitaldienstanteil beeinflusst – jedoch in positivem Sinn.

Ein Vergleich der Kennzahlen innerhalb der Verwaltungskreise lässt diverse regionale Unterschiede erkennen und im interkantonalen Vergleich wird grundsätzlich ersichtlich, dass die Gemeinden im Kanton Bern mittelmässig rangieren.

106.5 %

Selbstfinanzierungsgrad

Obwohl die Anzahl Gemeinden, die Leistungen aus dem Finanzausgleich beziehen, sinkt, steigt der mittlere Nettozufluss von 14,1 % im Vorjahr auf 14,3 % im 2021. Der Betrag, der im Rahmen des Finanzausgleichs und der Massnahmen für besonders belastete Gemeinden ausbezahlt wird, steigt auf 289 Millionen Franken (Vorjahr 280 Millionen).

14.3 %

Nettozufluss Finanzausgleich

Aufgrund der steigenden Teuerung und der unsicheren wirtschaftlichen Entwicklung, welche geprägt ist durch Energieknappheit, Krieg in der Ukraine und Fachkräftemangel, müssen die Gemeinden in den nächsten zwei bis drei Jahren mit steigendem Aufwand rechnen. Durch die steigenden Zinsen wird die Fremdfinanzierung ebenfalls teurer. Gleichzeitig entwickeln sich jedoch die prognostizierten Steuereinnahmen positiv, zwar etwas zeitverzögert, aber sie mögen vorerst mit den steigenden Kosten mithalten. Ausschlaggebend für die finanzielle Entwicklung der einzelnen Gemeinde wird sein, in welchem Umfang sie in den nächsten Jahren Neu- und Ersatzinvestitionen in Angriff nehmen muss.

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